1. Asylrecht sieht mehr sichere Herkunftsstaaten vor

Erst wurden Serbeien, Mazedonien und Bosnien-Herzogowina zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt, nun folgen mit dem am 24.0915 in Kraft getretenen Asylbeschleunigungsgesetz Kosovo, Albanien und Montenegro.

Asylbewerber aus diesen Balkan-Ländern haben in Deutschland praktisch keine Aussicht auf Schutz.

Das Gesetz macht es möglich, die Prüfung der Anträge von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsstaaten zu beschleunigen.

Von der Einzelfallprüfung kann aus rechtlichen Gründen nicht abgewichen werden.

 

2. Epilepsie

Wiederaufgreifen des Verfahrens und Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich des Kosovo aufgrund unzureichender medizinischer Versorgung von Epilepsie sowie nicht hinreichend gewährleisteter Schulausbildung psychisch kranker bzw. geistig behinderter Kinder.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Kosovo zu.

In Ansehung des gesamten Vorbringen der Klägerin, insbesondere der im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen, und insbesondere auch des Umstandes, dass die Klägerin wegen ihrer geistigen Behinderung seit Ende des Jahres 2012 hier eine Schule für geistig Behinderte aufgrund der Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung besucht, besteht nach Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismittel eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass im vorliegenden individuellen Fall der Klägerin bei einer Rückkehr in den Kosovo die notwendige medizinische Versorgung hinsichtlich der diagnostizierten ernsthaften Erkrankungen, welche offensichtlich eine regelmäßige – teilweise mehrtägige stationäre – Behandlung verlangen, sowie auch die notwendige schulische Ausbildung nicht erlangen kann (VG Chemnitz, Urt. v. 07.04.2015 – 5 K 93/15.A – zit. n. www.asyl.net).


3. Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot

Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, da der Antragstellerin bei im Kosovo Verelendung und in deren Folge Lebensgefahr droht;

Es ist davon auszugehen, dass psychische Erkrankungen und PTBS in Kosovo – wenn auch nicht optimal – grundsätzlich behandelt werden können

Eine Gefahr ist jedoch auch dann festzustellen, wenn der Antragstellerin eine erhebliche Leibesgefahr als Folge einer Verelendung droht.

Eine Verelendung der Antragstellerin droht ihr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wenn ihr im Kosovo nicht einmal das Existenzminimum zur Verfügung steht.
Die Antragstellerin ist auf Dauer nicht in der Lage ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. D

Die Arbeitslosenquote in der Republik Kosovo liegt laut Bericht des Auswärtigen Amtes bei 45%, Roma seien von Arbeitslosigkeit besonders betroffen.

Bedingt durch Tradition, Religion und soziokulturelle Eigenheiten sowie wirtschaftliche Abhängigkeiten sind Frauen gesellschaftlich noch immer schlechter gestellt als Männer.

Zudem kann die Antragstellerin Wohnraum nicht erlangen bzw. behalten, sobald dessen Finanzierung durch sie selbst getragen werden muss (BAMF, Bescheid v. 08.07.13 5641444-150, zit. n. asyl.net).


4. Fehlende Existenzsicherung mangels familiären Rückhalts

Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG für Angehörigen der Roma, der im Kosovo keine Angehörigen oder sozialen Bindungen hat und daher seine Existenz dort nicht sichern könnte.
Wie erst kürzlich von der OSZE festgestellt, sind die im Lagebericht des Auswärtigen Amtes angeführten Strategien und Aktionspläne für die Integration der Roma bzw. für die Reintegration von Rückkehrern bisher aus finanziellen Gründen nur unzureichend umgesetzt. Das Projekt URA II bietet zwar einige Hilfestellungen für Rückkehrer und Abgeschobene, kann aber die strukturellen Probleme nicht ausgleichen.
So ist keine regelmäßige Hilfe zum Lebensunterhalt vorgesehen und die Beschaffung von Wohnraum lebt vor der Garantie der Miete für die Laufzeit der Unterstützung. Für in den Kosovo abgeschobene Roma sind daher häufig in Serbien lebende Verwandte die naheliegendste Anlaufstelle.
Im Übrigen ist nicht zu vergessen, dass es gerade bei Personen, denen eine Zusammenarbeit mit den Serben nachgesagt wird, immer noch zu Gefährdungen durch ehemalige UCK-Mitglieder oder Nachbarn kommt. Mehrfach wurde von Rückkehrern auch über Polizeigewalt und Diskriminierung durch die Polizei berichtet. Aus Angst vor Verfolgung werden viele dieser Fälle nicht der Polizei gemeldet. Selbst wenn der Antragsteller selbst noch ein kleines Kind war, als er sein Heimatland verlassen hat, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass er Schwierigkeiten wegen seines Onkels bekommen könnte, sei es nur, dass er diskriminiert würde und man ihm keine Arbeit gibt (BAMF Bescheid v. 16.09.2011 – 5504444-150 – zit. n. asyl.net).