1. Palästinenser aus dem Gaza-Streifen

Ein Soll-Anspruch gem. § 25 Abs. 3 AufenthG stellt einen gesetzlichen Anspruch gem. § 16 Abs. 2 AufenthG dar.
Es ist möglich, dass Rückkehrern in den Gaza-Streifen eine Gefahr gem. § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG/Art. 15 Bst. c Qualifikationsrichtlinie droht.
Palästinensische Volkszugehörige und Staatenlose aus dem Gazastreifen können, ebenso wie andere Palästinenser, in Bezug auf ihr Herkunftsgebiet Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten haben (VG Hannover, Beschl. v.04.03.2009 – 7 B 224/09 – zit. n. asyl.net).


2. Mitarbeit in der Preventine Security

Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.
Die Hamas übt seit etwa Mitte 2007 und derzeit quasi-staatliche Gewalt im Gazastreifen aus.
Der Kläger ist vorverfolgt ausgereist. Er hat im Wesentlichen widerspruchsfrei vorgetragen, dass er ab 2004 der Preventive Security, einem Sicherheitsdienst der Fatah, angehört und als Personenschützer gearbeitet bzw. bei der Festnahme von Hamas-Mitgliedern mitgewirkt hat. Über seine Zugehörigkeit zur Preventive Security hat der Kläger einen Dienstausweis vorgelegt. Der Kläger hat auch im Wesentlichen widerspruchsfrei und plausibel dargelegt, dass er im Juli 2006 von der Hamas niedergeschossen wurde.
Der Kläger als Mitglied eines Sicherheitsdienstes der Fatah ist nach den vorliegenden Erkenntnissen auch bei einer Rückkehr in den Gazastreifen gefährdet, in seiner Funktion gehörte der Kläger nicht nur zum Kreis der einfachen Fatah- Mitglieder, sondern hatte eine in der Gefährdung funktionärsähnliche Stellung..
Der Kläger kann auch nicht auf eine inländische Fluchtalternative im Westjordanland verwiesen werden.
Generell kann ein Palästinenser aus dem Gazastreifen, der dort Verfolgung durch die Hamas-Regierung zu befürchten hat, nicht nach Israel ausweichen. Palästinenser, die im Gazastreifen oder im Westjordanland wohnen, erhalten ausnahmslos keine Niederlassungsbewilligung in Israel. Sie würden mangels eines Aufenthaltsrechts von Israel in den Gazastreifen bzw. das Westjordanland, wo sie nach israelischer Sicht herkommen und ohne israelische Staatsbürgerschaft auch hingehören, weitergeleitet (VG Sigmaringen, Urt. v.09.03.2011 – A 5 K 3151/10 – zit. n. asyl.net).


3. Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot

Es liegt ein Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich des durch Israel besetzten palästinensischen Autonomiegebietes (Westbank) für die Antragsteller vor.
Für den Antragsteller wurden folgende Diagnosen gestellt:

Angina Pectoris (I 20.9)

Essentielle Hypertonie (I 10.00)

Schlafapnoe-Syndrom (G 47.39)

Diabetes mellitus Typ 2 (E 11.90)

Steatosis hepatis

Adipositas permagna (I 66.0).

Der Antragsteller zu 1. kann in der Westbank die notwendige Behandlung und Medikation nicht erhalten.
Angesichts dessen, dass 75% der palästinensischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben, fehlen in den meisten Fällen die finanziellen Mittel, um eine ärztliche Behandlung oder auch nur Medikamente bezahlen zu können. Für Bedürftige nahezu kostenfrei arbeitende Organisationen, wie z.B. die „Volksambulanzen“, sind mangels Ausstattung keine Alternative, da sie dem Bedarf nicht im Ansatz gerecht werden können (BAMF, Beschl. v. 16.07.2008 – 5074360-499 – zit. n. asyl.net).


4. Einreisemöglichkeit nach Israel für Palästinenser aus dem Gazastreifen

Für palästinensische Volkszugehörige aus dem Gazastreifen ohne andere Staatsangehörigkeit besteht grundsätzlich keine Möglichkeit, nach Israel einzureisen.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten war aufzuheben, soweit den Klägern die Abschiebung nach Israel angedroht worden war.

Das Auswärtige Amt stellte wiederholt fest, dass eine Abschiebung von Palästinensern aus dem Gazastreifen nach Israel tatsächlich unmöglich ist, weil Israel ihnen eine solche Einreise verweigert (Nieders. OVG, Beschl. v. 15.03.13 – 11 LA 68/13 – zit. n. AuAS 8/2013, S. 8f).