1. Konversion zum Christentum

Flüchtlingsanerkennung für ein kurdisches Paar aus dem >Iran wegen Konversion zum Christentum auch bei Annahme asyltaktischer Handlungen.
Iranischen Staatsbürgern, die vom Islam zum Christentum konvertieren, droht religiöse Verfolgung durch den iranischen Staat.
Auch asyltaktisch anmutende Handlungen schließen nicht ohne weiteres den Schutzstatus aus, denn es ist zu berücksichtigen, dass sie wegen der Verfolgungsangst vieles dafür tun, um die Erfolgsaussichten ihres Asylverfahrens zu verbessern (VG Meiningen, Urt. v. 09.12.2019 – 2 K 1212/18ME – zit. . Asylmagazin 10-11/2020 S. 368).

 

2. Komalah

Auch einfache Anhänger verbotener kurdischer Parteien sowie Familienmitglieder von Parteimitgliedern und Unterstützer laufen Gefahr, von iranischen Behörden befragt und inhaftiert zu werden.

Der Grad der Gefährdung wegen exilpolitischer Betätigung für Mitglieder der Komalah-Partei ist hoch (VG Saarland, Urt. v. 01.02.2021 – 6 K 1983/19 – zit. n. Asylmagazin 6/2022, S. 216)


3. exilpolitische Aktivitäten

Allein ein niedrigschwelliges „Posten“ oppositioneller Inhalte im Ausland ist wohl überwiegend nicht ausreichend, um das Interesse der Cybereinheit des iranischen Geheimdienstes zu wecken.
Die Gefahr einer schweren Bestrafung besteht bei Rückkehr in den Iran allerdings für Personen mit hoher Sichtbarkeit in den sozialen Netzwerken (VG Meiningen, Urt. v. 01.02.2023 – 5 K 1418/22 Me – zit. n. Asylmagazin 9/2023 S. 312).


4. arabische Minderheit

Flüchtlingsanerkennung für iranischen Aktivisten arabischer Volkszugehörigkeit aus Ahwaz.
Einer Person, die sich im Iran für die Rechte der arabischen Minderheit aus Ahwaz einsetzt und in diesem Zusammenhang Flugblätter  verteilt und an Demonstrationen gegen  die Regierung teilgenommen hat, drohen staatliche Verfolgungshandlungen (VG Lüneburg, Urteil vom 07.09.2020 – 5 A 482/17 – zit. n. Asylmagazin 10-11/2020 S. 368).


5. DKPI

Iranische Staatsangehörige, welche im Irak geboren oder aufgewachsen sind, müssen mit politischer Verfolgung im Iran rechnen, da sie als Spione oder Regimegegner betrachtet werden.
Für den Kläger gilt dies umso mehr, weil er im Irak propagandistisch für die DKPI tätig war und bereits der Vater als Peshmerga der DKPI gefallen ist (VG Leipzig, Urt. v. 25.11.10, – A 5 K 205/08).

Anm. RA Thomas Könneker: Nach den Feststellungen des Gerichts basierend auf der Einschätzung der Lageberichte des Auswärtigen Amtes ist die Kurdenpartei DKPI nach wie vor im Iran tätig und – wegen ihrer separatistischen Bemühungen – nach wie vor verboten.


6. Flüchtlingseigenschaft wegen „Verwestlichung“

Klägerinnen aus dem Iran haben Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft , wenn es ihnen im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise nicht zumutbar ist, sich den im Iran herrschenden Regeln zu unterwerfen.

Dies ist der Fall, wenn infolge des längeren Aufenthaltes in Europa die Frau in einem solchen Maße in ihrer Identität aufgrund der hiesigen Wertevorstellungen geprägt worden ist. dass sie entweder nicht mehr in der Lage wäre oder es ihr nicht zugemutet werden kann, nach Rückkehr in den Iran ihren Lebensstil den dortigen Verhältnissen und Wertevorstellungen anzupassen.(VG Hamburg, Urt. v. 20.07.2021 – 10 A 5156/18 – zit. n. Asylmagazin 4/2022 S. 122f).


7. Flüchtlingsanerkennung Iran wegen Vorlagebeschluss EuGH

Der Kläger berief sich im Asylverfahren zunächst erfolglos aus seine Homosexualität.
Nach Zulassung der Berufung legte das Gericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof  vor, welcher den Namen des Klägers und dessen Begehren auf der Website des Gerichts veröffentlichte.
Die Flüchtlingseigenschaft wurde daraufhin seitens des Bundesamtes bejaht, da dem Kläger im Falle der Rückkehr in den Iran Verfolgungshandlungen drohen (OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 15.02.2011 – 13 A 1013/09.A – zit. n. AuAS Nr. 7/2011, S. 7).


8. Apostasie

Stellt ein Staat schon eine bestimmte private religiöse Betätigung oder Meinungsäußerung unter Strafe, so ist der Ausländer, der sich entsprechend seiner diskriminierten Glaubensüberzeugung bei Rückkehr in diesen Staat religiös betätigen will, von politischer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG bedroht.

Ein Konvertit, der vom muslimischen Glauben abfällt, muss künftig im Iran ernstlich mit politischer Verfolgung wegen seiner Religion rechnen. Denn nach dem Bericht der Deutschen Botschaft in Teheran ist im September 2008 ein Gesetzentwurf der Regierung zur Änderung des iranischen Strafgesetzbuches in das iranische Parlament eingebracht worden, der erstmals die Kodifizierung des Straftatbestandes der „Apostasie“ (d. h. des Abfalls vom – muslimischen – Glauben) im staatlichen Gesetzbuch mit dem Strafmaß der Todesstrafe (für männliche Konvertiten) vorsieht; gegen „abtrünnige“ Frauen soll eine lebenslängliche, durch besondere „Härten“ verschärfte Haftstrafe verhängt werden.

Die – ernst gemeinte – Apostasie könnte bei Inkrafttreten der Strafbestimmungen als „Hadd“-Delikt, d. h. als – im Sinne des iranisch-muslimischen Rechtsverständnisses – „Verstoß gegen göttliches Recht“ auch rückwirkend bestraft werden. Nach Art. 225 – 1 iStGB-Entwurf ist „Apostat“ jeder Muslim, der eindeutig verkündet, dass er oder sie den Islam verlassen hat und sich zum Unglauben bekennt. Allerdings sieht Art. 225 – 2 iStGB-Entwurf vor, dass ein Beschuldigter u. a. dann nicht als Apostat eingeschätzt wird, wenn er behauptet, dass seine eigentliche Intention etwas anderes gewesen ist.

Das bedeutet, dass Personen, die nicht ernsthaft, sondern zum Schein „konvertieren“, um ihre Aussichten auf den Erwerb einer sonst nicht erlangbaren Aufenthaltsmöglichkeit im Ausland asyltaktisch zu verbessern, sich auf diese Regelung berufen können und wegen ihrer „eigentlichen“, nicht auf den Abfall vom muslimischen Glauben gerichteten Intention bei der „Scheinkonversion“ nicht mit einer Verurteilung als Apostat rechnen müssen. Denn die Berücksichtigung asyltaktischer Handlungsweisen bei der Bewertung des Verhaltens ihrer Staatsbürger im westlichen Ausland ist den iranischen Behörden nicht fremd.

Auch die Klägerin muss nach einer Rückkehr in den Iran mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit einer solchen Verfolgung rechnen. Denn nach der Überzeugung des Gerichts ist die Klägerin eine ernsthafte Apostatin in dem soeben angesprochenen Sinn (VG Düsseldorf, Urt. v. 1.04.2012 – 22 K 6259/11.A – zit. n. www.asyl.net).


9. DPIK

Die Mitgliedschaft in der Demokratischen Partei Kurdistans Iran (DPIK) kann bei Rückkehr in den Iran zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen.

Dem Kläger steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens ein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu.

Ausweislich des Lageberichtes des Auswärtigen Amtes vom 4.11.2011 kann bereits die bloße Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen, vor allem links orientierter Organisationen wie u.a. der explizit genannten DPIK, zu staatlichen Zwangsmaßnahmen führen.

Der Kläger hat im Rahmen seines Folgeantrags seine Mitgliedschaft in der DPIK belegt. So legte er zunächst dem Bundesamt eine Bescheinigung der DPIK und im Klageverfahren die Bestätigung des Deutschland Komitees dieser Partei vor (VG Dresden, Urt. v. 09.03.2012 – A 6 K 1152/10 – zit. n. www.asyl.net).


10. Konversion zum Christentum

Für eine Muslima aus dem Iran, die nachvollziehbar zum christlichen Glauben übergetreten ist, besteht eine erhebliche Rückkehrgefahr, so dass Flüchtlingsschutz zu gewähren ist.

Nach Überzeugung des Gerichts besteht für die Klägerin auf Grund ihrer Konversion vom Islam zum Christentum eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran.

Denn aufgrund der aktuellen Lage, welche sich aus den in den Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln ergibt, besteht im Iran für christliche Konvertiten, die ihren Glauben in Gemeinschaft mit anderen ausüben, die beachtliche Gefahr von Verfolgungshandlungen.

Die Situation für Konvertiten im Iran hat sich im Laufe der letzten Jahre verschärft, so dass eine gestiegene Verfolgungsgefahr auch auf Gründen beruht, die unabhängig vom Verhalten der Klägerin sind.

Nach alledem war der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen (VG Würzburg, Urt. v. 29.08.2012 – W 6 K 12.30005 – zit. n. www.asyl.net).

 

11. Iran (Behandlung psychischer Erkrankungen)

Für die therapeutische Behandlung psychischer Erkrankungen im Iran sind in vielen Fällen hohe Eigenaufwendungen zu leisten, da die Behandlungskosten die Versicherungsleistungen in vielen Fällen deutlich übersteigt. Darüber hinaus müssen Patienten Vorauszahlungen leisten, damit eine Behandlung in Angriff genommen wird.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegen im Fall der Klägerin im Hinblick auf ihre psychische Erkrankung u. a. in Form einer manisch-depressiven Erkrankung mit psychotischen Bezügen die vorgenannten Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vor.

Den Gutachten und Stellungnahmen ist zu entnehmen, dass die Klägerin nicht nur auf die Behandlung durch Antidepressiva angewiesen ist, sondern eine psychiatrische Behandlung unumgänglich ist und regelmäßige therapeutische Gespräche daher erforderlich sind.

Insoweit ist auszuführen, dass zwar die medizinische Versorgung im Iran grundsätzlich – vor allem in Teheran – möglich ist, auch wenn sie nicht den internationalen Anforderungen entsprechen. Des Weiteren ist den Lageberichten des Auswärtigen Amtes zu entnehmen, dass in allen größeren Städten Krankenhäuser existieren und die Versorgung mit Medikamenten weitgehend gewährleistet ist.

Allerdings ist den eben zitierten Lageberichten auch zu entnehmen, dass Patienten in vielen Fällen hohe Eigenaufwendungen leisten müssen.

Das Versicherungswesen ist im Iran in der Weise geordnet, dass vom Versicherungsschutz nur die Behandlung umfasst ist und das Medikamente grundsätzlich selbst bezahlt werden müssen (vgl. insoweit Deutsches Orientinstitut vom 22. Dezember 2003 an VG Aachen).

Insgesamt ist die Kammer der Auffassung, dass nach der Auskunftslage davon auszugehen ist, dass die notwendigen Behandlung und Medikation der Klägerin im Iran aus finanziellen Gründen nicht zugänglich ist. Selbst wenn sie Versicherungsschutz erhalten würde, wäre sie auf hohe Eigenaufwendungen angewiesen, da die Behandlungskosten deutlich über der Versicherungsleistungen liegen und Medikamente selbst bezahlt werden müssen (VG Trier, Urt. v. 20.06.2013 – 2 K 1767/12.TR – zit. n. asyl.net).