1. Konversion

Dem Kläger ist die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, weil er als Kurde zum Christentum konvertierte.
Die Verfolgungsgefahr ist bei Rückkehr in den Nordirak im Einzelfall gegeben, insbesondere wenn das Christentum offen und nachdrücklich gelebt wird (VG Magdeburg, Urt. v. 04.06.2021 – 4 A 732/17 – zit. n. Asylmagazin 9/2021, S. 326).


2. Flüchtlingsanerkennung für Angehörigen der sunnitischen Elite

Flüchtlingsanerkennung für Arzt und Universitätsdozent Angehöriger der akademischen sunnitischen Elite ist und deswegen vom schiitischen Milizen bedroht wurde.

Wegen Bekanntheitsgrad und herausgehobener gesellschaftlicher Stellung besteht keine Möglichkeit des internen Schutzes. (VG Göttingen, Urt. v. 22.03.2018 – 2 A 495/16 – zit. n. Asylmagazin 7-8/2018, S. 255).


3. „Influencer“

Flüchtlingsanerkennung für „Influencerin“.

Schutzsuchende Frauen, die sich im Internet sehr „westlich“ präsentieren, gehören zur sozialen Gruppe irakischer Frauen, deren Identität westlich geprägt ist.

Hierzu zählt auch ein am westlichen Konsumdenken orientiertes Betreiben eines Youtube-Channels und Instagram-Accounts (hier: Schmink-Tipps und Vorstellen von Pflegeprodukten ohne Schleier, 23.000 Follower) (VG Hannover, Urt. v. 10.04.2019 – 6 A 2689/17 – Asylmagazin 6-7/2019 S. 246).


4. psychische Erkrankung

Abschiebungsverbot für einen Iraker wegen psychischer Erkrankungen, die im Irak nicht behandelbar wären, und seine Ehefrau und Kinder, weil alleinerziehende Frauen mit mehreren Kindern im Irak keine Existenzgrundlage finden können (VG Göttingen, Urt. v. 08.02.2018 – 2 A 401/16 – Asylmagazin 6/2018 S. 202).


5. PMF

Subsidiärer Schutz für Iraker, der von britischen und US-Streitkräften ausgebildet wurde, wegen Rekrutierungsversuch und Bedrohung durch schiitische Milizen.

Der Betroffene kann im Irak nicht mit Schutz rechnen, da das gesamte Staatsgebiet bis auf die kurdischen Autonomiegebiete von den schiitischen Milizen beherrscht wird.

Für arabischstämmige Personen ohne verwandtschaftliche Beziehungen in die Region Kurdistan besteht dort keine inländische Fluchtalternative.

Die unter dem Dachverband der „Popular Mobilization Forces“ (PMF) zusammengeschlossenen schiitischen Milizen stellen eine Organisation dar, die den Staat beherrscht.

Sie verrichten in den Stadtvierteln von Bagdad Polizeiarbeit und konkurriere so mit der regulären Polizei, missachten die Gesetze und verhalten sich oft wie mafiöse Gruppen (VG Weimar, Urt. v. 15.12.2017 – 4 K 20701/17 WE – Asylmagazin 3/2018 S. 80f).


6. Flüchtlingsanerkennung für Kurdin wegen „westlichem Lebensstil

Irakische Frauen, die infolge eines längeren Aufenthaltes in Europa in einem solchen Maße in ihrer Identität „westlich“ geprägt sind, dass sie bei Rückkehr nicht mehr in der Lage wären, ihren Lebensstil den dortigen Verhaltensweisen und Traditionen anzupassen, bilden eine soziale Gruppe.

Für kurdische Rückkehrenden ist davon auszugehen, dass sie sich nicht dauerhaft in den Zentralirak begeben können, sondern ihnen als inländische Fluchtalternative lediglich die kurdischen Autonomiegebiete zur Verfügung stehen.

Auch dort sind „westlich“ orientierte Frauen nicht vor Verfolgungsmaßnahmen von verwandten sicher.

Der irakische Staats ist nicht in der Lage, davor Schutz zu gewähren (VG Stade, Urteil vom 23.07.2019 – 2 A 19/17 – zit. n. Asylmagazin 12/2019 S. 413).


7. Tätigkeit für US-Unternehmen

Einem Schutzsuchenden, der im Irak als Tischler für eine amerikanische Firma gearbeitet hat, welche für die Ausbildung von Sicherheitskräften verantwortlich war und der deshalb ins Visier einer sunnitisch-islamischen Terrororganisation geraten ist, droht bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung. Vorliegend wurde der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt (VG Weimar Urt. v. 27.02.2019 – 7 K 20954/16 We – zit. n. Asylmagazin 6-7/20129 S 246).