1. Vaterschaftsanerkennung

Keine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung bei persönlichen Beziehungen zwischen Vater und Kind

Eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn sie auch der Begründung, Fortsetzung oder Vertiefung einer Eltern-Kind-Beziehung und damit nicht gezielt gerade aufenthaltsrechtlichen Zwecken dient.

Der Anerkennende muss die aus der Vaterschaftsanerkennung resultierende Verantwortung auch tatsächlich wahrnehmen (leben) wollen(BVerwG, Urt. v. 24.06.2021 1 C 30.20 – zit. n. Asylmagazin 4/2022 S 138).


2. EuGH zum Familiennachzug (Zeitpunkt der Antragstellung)

Unbegleitete Minderjährige, die während des Asylverfahrens volljährig werden, behalten ihr Recht auf Familiennachzug

Eine Person, die zum Zeitpunkt ihrer Einreise und Asylantragstellung unter 18 Jahre alt war, aber während des Asylverfahrens volljährig wird und die später als Flüchtling anerkannt wird, ist als minderjährig im Sinne der Definition von Art. 2 Bst. f Familienzusammenführungsrichtlinie (2003/86/EG – FamZ-RL) anzusehen und behält daher ihr Recht auf Familiennachzug nach Art. 10 Abs. 3 Bst. a FamZ-RL.

Der Antrag auf Familiennachzug muss innerhalb einer angemessenen Frist gestellt werden; das heißt grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab Anerkennung der minderjährigen Person als Flüchtling (EuGH, Urt. v. 12.04.2018 – C-550/16 A. und S. gg. Niederlande, zit. n. asyl.net).

 

3. Nachholung Visumverfahren bei regelmäßigem Umgang unzumutbar

Bleiberecht für Vater zur Ausübung des Umgangsrechtes für sein 14-jähriges Kind.

Die Nachholung des Visumverfahrens ist vorliegend unzumutbar, weil die deutsche Botschaft in Pristina den Nachweis des Sorgerechts fordert.
Hier besteht lediglich ein Umgangsrecht, was durch die Ausreise unterbrochen werden würde. Aus diesem Grund droht im Fall der Ausreise eine Unterbrechung der familiären Beziehung auf eine nicht absehbare Zeit, weshalb die Nachholung des Visumverfahrens nicht zugemutet werden kann. (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 26.04.2018 – 13 ME 71/18 – zit. n. Asylmagazin 9/2018 S. 325).


4. Eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehefrau nach Trennung wegen häuslicher Gewalt

Auch eine Frau, die nicht selbst die die eheliche Lebensgemeinschaft beendet hat, kann sich darauf berufen, dass das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft für sie objektiv unzumutbar ist. Die Frage, von wem die Trennung ausging, ist nur im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Umstände als Indiz heranzuziehen.

Das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft ist im Falle häuslicher Gewalt unzumutbar und würde eine besondere Härte bedeuten, so dass schon vor Ablauf der Dreijahresfrist ein eigenständiges Aufenthaltsrecht gewährt wird.

Eine besondere Härte setzt voraus, dass der Ehepartner Opfer von Übergriffen geworden ist, die zu nicht unerheblichen Beeinträchtigungen seiner Gesundheit, seiner körperlichen oder psychischen Integrität oder seiner Bewegungsfreiheit geführt haben.

Diese Übergriffe müssen auf Seiten des Opfers der häuslichen Gewalt zu einer Situation führen, die maßgeblich durch Angst vor psychischer oder physischer Gewalt bestimmt ist die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar erscheinen lässt (OVG Sachsen, Beschluss vom 12.01.2018 – 3 B 325/17 – zit. n. asyl.net).


5. Wirksame Eheschließung

Wirksame Eheschließung zwischen einer deutschen Staatsangehörigen und einem syrischen Staatsbürger durch Stellvertreter in Mexiko.

Voraussetzung der Anerkennung ist, dass der Vollmachtgeber den konkreten Ehepartner nach eigenem Willen bestimmt hat.

Dann verstößt die Eheschließung im Ausland im Wege doppelter Stellvertretung nicht gegen den deutschen „ordre public“(BGH, Beschluss v. 29.09.2021 – XII ZB 309/21 – zit. n. Asylmagazin 3/2020 S. 104).


6. Anerkennung einer Eheschließung

Das Fehlen von Dokumenten zum Nachweis der Eheschließung führt nicht automatisch  zum Ausschluss eines Visumanspruchs.

Die Gegebenheiten im Herkunftsland des Antragstellers sind zu berücksichtigen.

Wenn es dort fast unmöglich ist, echte Urkunden zu beschaffen (hier: Somalia), stellt ich die Frage, ob die Forderung nach Vorlage solcher Dokumente berechtigt ist.

In die Würdigung, ob eine Eheschließung stattgefunden hat, sind auch die Angaben der Betroffenen gegenüber den deutschen Behörden einzubeziehen. (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.02.21 – 3 M 63/20 – zit. n. Asylmagazin 10-11(2021 S. 376).